Nov 8, 2017

Nodels – Authentizität ist gefragt

Unperfekt ist das neue Schön – immer mehr Marken setzen auf „echte“ Menschen und Charaktere, um ihr Produkt an den Konsumenten zu bringen. Models mit Makeln – sogenannnte Non-Models oder Nodels – liegen im Trend.

So erobern ganz normale Frauen und Männer, besonders extreme oder kantige Typen die Fashion- und Werbelandschaft. Während man lange Zeit auf die Illusion der absoluten Perfektion gesetzt hat, zählen jetzt Ecken und Kanten. Gesucht werden, vor allem in der Werbung, einprägsame Gesichter – Gesichter, die man so schnell nicht vergisst. Wie kam es eigentlich zu der Entwicklung? Und warum funktionieren Non-Models plötzlich so gut?

Abkehr von normierten Beauty-Idealen

90–60–90 sind nicht mehr das Maß aller Dinge. Neben klassischen Schönheiten mit 1,80 Körpergröße, hohen Wangenknochen und symmetrischen Gesichtern tummeln sich immer häufiger witzig-skurrile Frauen oder Männer in Werbespots und sogar auf den High Fashion-Laufstegen. Offensichtlich hat sich der Zeitgeist verändert. Idealvorstellungen mit hohem Perfektionsanspruch, die immer wieder neu definiert wurden, haben ausgedient: Erinnert ihr euch noch? In den 80er Jahren galt die makellose Schönheit des Claudia Schiffer-Typs als das Nonplusultra.

Die Abkehr davon deutet sich schon länger an – plötzlich setzten Designer und Casting-Agenturen auf Models mit kleinen Schönheitsfehlern, wie einer Lücke zwischen den Schneidezähnen, großen Ohren oder Sommersprossen. Auch der Tattoo-Trend geht in diese Richtung. Trotz einer Auffälligkeit waren die Models aber immer noch sehr perfekt.

Nodels verändern die Fashionszene

Aktuell passiert ein regelrechter Umbruch – ein Gegentrend zum Perfektionismus hat sich etabliert. Die neuen Werte heißen Vielfalt und Authentizität. In einer Zeit, in der Instagram und Facebook mit Gesichtern nur so überflutet werden, verändern sich die Maßstäbe. Das zeigt sich aber nicht nur im Netz, sondern auch auf der Straße: Street-Styles sind in der Fashion-Szene mittlerweile genauso relevant wie Runway-Looks. Immer mehr Modelabels setzen auf „echte“ Menschen. Warum eigentlich? Der Grund liegt auf der Hand. Es ist bewiesen, dass sich Käuferinnen stärker mit durchschnittlichen Frauen identifizieren als mit formvollendeten und damit unerreichbaren Beauties. Und genau darum geht es.

Dabei kommt es vor allem auf Persönlichkeit an – so lief kürzlich DJ Clara Deshayes für das Label Vetements, das Identität und Vielfalt über alles stellt. Die Fotografin Petra Collins modelt für Gucci. Models werden teilweise über Instagram oder Social Media-Kanäle gecastet. In Runway-Shows lassen Labels professionelle Models und Non-Models nebeneinander laufen, um ihren Kleidern eine neue Qualität zu geben. Und Charaktermodel-Agenturen wie Misfit Models in Berlin boomen.

Marken brauchen Persönlichkeiten

Dahinter steht die Einsicht, dass Image stark durch Persönlichkeit geprägt wird – das gilt für die Werbung genauso wie für die Fashionszene. Um eine unverwechselbare Markenidentität aufzubauen, braucht ein Label vor allem eines: charismatische Botschafter. Das müssen natürlich nicht unbedingt Nodels sein. Auch Influencerinnen mit ihrer hohen Reichweite auf Social Media Kanälen haben eine extrem große Strahlkraft. Sie übertragen ihr Image auf ein Label: Das spanische Modelabel Mango macht es vor. Für die aktuelle Kampagne Journeys hat die Marke die prominente US-Influencerin Leandra Medine geholt. Sie ist für ihre schrägen und einfallsreichen Looks bekannt und hat vor allem einen eigenen Kopf. Ihr reichweitenstarker Blog Man Repeller wird von rund fünf Millionen Fashion-Fans gelesen. Neben coolen Styles findet man dort vor allem die eigensinnige und meinungsstarke Persönlichkeit der Bloggerin. Kein Wunder also, dass Leandra Medine ihre Looks für das Shooting in New York selbst mitausgewählt hat. Auch das ist völlig neu und entspricht dem Zeitgeist. Ich bin gespannt, wie sich das weiter entwickelt. 

Echte Menschen erobern die Fashion-Szene. Was haltet ihr von dem Nodel-Trend?

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Meine Liebe zu Mode und Kommunikation hat mich zu Ana Alcazar gebracht – als Texterin & Konzepterin in der klassischen Werbung groß geworden, schreibe ich seit fast 10 Jahren für unser Münchner Designerlabel. Im Redaktionsteam bin ich für alle Corporate-Themen zuständig, außerdem befasse ich mich hier mit aktuellen Trends & meinem Herzensthema Gleichberechtigung,

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