Mrz 9, 2019

Nein zu Fast Fashion! Ein Plädoyer für faire Mode.

Aktualisiert am 27. Juli 2023

“Das ist die Essenz von Fast Fashion – Mode, die keiner braucht, die aber jeder haben soll.”
Alf-Tobias Zahn (Autor vonEinfach anziehend. Der Guide für alle, die Wegwerfmode satthaben.“)

Made in China, Made in Kambodscha, Made in Bangladesch – wenn etwas davon auf dem Zettelchen eures neu erworbenen Fashion Pieces steht, bedeutet das häufig Hungerlöhne, Chemikalien und dramatische Ereignisse wie beim Rana Plaza Fabrikgebäude in Bangladesch, das 2013 einstürzte. Über 1100 Arbeiter kamen ums Leben. 2000 weitere wurden verletzt. Auf den Punkt gebracht, kann man daran die ganze traurige Dimension von sog. Fast Fashion ablesen.

Fast Fashion ist in aller Munde. Aber was ist eigentlich damit gemeint? Fast Fashion ist im Kern eine Profitstrategie, die nur ein Ziel verfolgt: die knallharte und ausschließliche Ausrichtung auf Gewinn und Wachstum. Dazu gehört es, in hoher Frequenz neue Mode in die Geschäfte zu bringen. Für euch zum Vergleich: In der Haute Couture oder bei Designerlabels wie bei Ana Alcazar umfasst ein Modejahr traditionellerweise zwei Zyklen – das heißt, es gibt eine Frühjahrs-/Sommer- und eine Herbst-/Winterkollektion. Bei Billiglabels wie H&M, Zara, Primark & Co. erscheinen mittlerweile bis zu 24 Kollektionen im Jahr (Quelle: McKinsey & Company (2016), Style that’s sustainable: A new fast-fashion formula. Von Nathalie Remy, Eveline Speelman, and Steven Swartz, October 2016).

Möglich wird dieser blitzschnelle Wechsel durch die Beschleunigung der Produktion. Früher dauerte es zwischen zwei und drei Monaten bis ein Produkt in den Handel kam, heute sind es – laut der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG – zwischen 15 und 12 Tagen. Jeder Micro-Trend wird aufgegriffen und in den Stores abgebildet. Günstige Kopien von Designer-Mode werden massenhaft gekauft, kurz getragen und dann weggeworfen. Die Strategie zielt vor allem auf jüngere Konsumenten, die trendaffin sind und über weniger Budget verfügen. Und es funktioniert. Willkommener Nebeneffekt: Die Aufmerksamkeit für die Marke wird durch die ständige Aktualisierung der Modelle erhöht.

Wer bezahlt den Preis für Fast Fashion?

Die Doku The True Cost, die ich euch in den Filmtipps schon einmal ans Herz gelegt hatte, stellt genau diese Frage. Regisseur Andrew Morgan war in dreizehn Ländern unterwegs, um zu zeigen, wer den tatsächlichen Preis für ein Billig-Shirt in unseren Kaufhäusern bezahlt: nämlich die ausgebeuteten Textilarbeiter aus Ländern wie Bangladesch und Kambodscha, die am Rande der Erschöpfung zu Hungerlöhnen und teilweise unter menschenunwürdigen und gesundheitsschädlichen Bedingungen nähen.

Aber auch ökologisch hat der extreme Anstieg unseres Kleiderkonsums schwere Folgen. Über 70% der Kleidung besteht aus billiger Synthetik, welche beim Waschen in kleinen Teilen in Abwässer und Meere gelangt. Hinzu kommt, dass Synthetikfasern schwer zu recyceln sind – also im Grunde zwangsläufig Wegwerfprodukte hervorbringen. Ohne Kunstfasern wie Polyester aber wäre das rasante Wachstum überhaupt nicht möglich. Denn die Kunstfaser wird aus nicht erneuerbarem Öl hergestellt – billig und schnell. Baumwolle ist zwar das wertigere Material, hat aber auch eine schlechte Ökobilanz. Für ein T-Shirt braucht man 1,5 kg Rohbaumwolle, allein für die Herstellung von 1 kg Baumwolle werden rund 15.000 Liter Wasser benötigt. Von den umweltschädlichen Chemikalien ganz zu schweigen. Alles in allem ist das Résumé erschreckend: In den überwiegend asiatischen Produktionsländern ist die rasant wachsende Textilindustrie nach der Ölindustrie zum zweitgrößten Wasserverbraucher und -verschmutzer geworden.

Wegwerfgesellschaft versus Nachhaltigkeit

Kleidung als Wegwerfware – billig und viel kaufen, nach kurzer Zeit wegwerfen, das alles wird nur möglich durch Ausbeutung von Mensch und Umwelt. Die Zahlen sprechen Bände: Die Bekleidungsproduktion hat sich von 2000 bis 2014 verdoppelt. 2014 wurden mehr als 100 Milliarden Kleidungsstücke neu produziert. Deutsche Verbraucher kaufen im Schnitt 60 Kleidungsstücke pro Jahr – tragen diese allerdings nur noch halb so lang wie vor 15 Jahren. Seit dem Jahr 2000 hat Fast Fashion gewaltig expandiert – angeführt von den Modemarken Zara und H&M. (Quelle: McKinsey & Company (2016), Style that’s sustainable: A new fast-fashion formula. Von Nathalie Remy, Eveline Speelman, and Steven Swartz, October 2016)

Unsere Verantwortung als Konsumenten

Mit all dem Wissen im Hinterkopf ist klar, dass Fast Fashion nicht die Zukunft sein kann. Wie aber kann der Ausweg aus diesen Missständen aussehen? Der effektivste Hebel ist, die Wirtschaft dazu zu bringen, sich zu ändern. Weil sie merkt, dass Produkte dann lieber gekauft werden, wenn auch die Wertebilanz stimmt – also wenn sie fair, sozial und umweltverträglich produziert und gehandelt worden sind. Obwohl aktuell die Umsätze der Fast Fashion-Retailer weiter und weiter steigen, gibt es den Gegentrend schon, der sich rückbesinnt: Labels wie beispielsweise Armed Angels, die nachhaltig und fair produzieren, sind auf dem Vormarsch. Luxus-Designer wie Dries van Noten folgen schon immer dem Credo Fair Fashion statt Fast Fashion. Mit viel Liebe zum Detail sucht der belgische Designer, der seit der Unternehmensgründung 1986 immer auf höchste Qualität achtet, Materialien und Accessoires aus: „Wir recherchieren und entwickeln sehr viel, hinzu kommen die Stoffe, die Handarbeit, die Shows, all das ist sehr kostspielig.“, sagt er. Glaubwürdigkeit und kreatives Schaffen gehen ihm eindeutig über Profit. Hier zeigt sich der Wertewandel hin zu einem neuen, immateriellen Luxus- und Status-Verständnis, das die Nachhaltigkeitsbewegung immer populärer macht. Insgesamt wächst die Bereitschaft, etwas mehr für Kleidungsstücke auszugeben, die bewusst, mit Sinn und Qualität und im Hinblick auf Nachhaltigkeit hergestellt sind.

Mit gutem Beispiel voran geht auch die mehrfach preisgekrönte Augsburger Unternehmerin Sina Trinkwalder. Die Sozialunternehmerin betreibt seit 2010 sehr erfolgreich ihre Öko-Manufaktur für Mode manomama. „Wir können die Welt nicht verändern, aber jeden Tag ein bisschen besser machen.“, sagt sie. „Mein Antrieb ist, Menschen wieder in einen Job zu bringen.” Und sie hält Wort. In ihrem Unternehmen arbeiten Menschen, die auf dem Arbeitsmarkt wegen ihrer mangelnden Qualifikation, ihrem Alter oder krankheitsbedingt Nachteile hatten. Und es funktioniert. Keiner der Partner in der Lieferkette von manomama ist mehr als 33 km entfernt. Nur die Biobaumwolle stammt aus Tansania. Diese wird aber mit Respekt und zu fairen Preisen eingekauft. Das Unternehmen von Sina Trinkwalder ist seit Jahren rentabel und in jeder Hinsicht erfolgreich – sicher auch, weil die eigenen Gewinnmargen frei von Gier geringer angesetzt sind.

Auch andere Labels produzieren sehr erfolgreich fair – wie das französische Sneakerlabel Veja, das auf chemische Verarbeitungstechniken verzichtet und bewusst weniger Energie und Ressourcen verbraucht. Außerdem werden die Schuhe in Brasilien aus Biobaumwolle, Naturkautschuk und pflanzlich gegerbtem Leder hergestellt. Die gute Beziehung zu lokalen Rohstofflieferanten ist wesentlicher Teil der Geschäftsstrategie.

Der neue Markt, der auf Greener Fashion setzt, existiert also bereits. Dabei gibt es noch weitere gute Ideen wie Upcycling-Konzepte bis hin zu neuen Fasern und innovativen Technologien. Das alles ist auf dem Weg und zahlt auf den einzig richtigen Gedanken ein: Qualität statt Quantität. Jeder von uns hat die Wahl, sich dieses Motto zum Maßstab für sein Handeln und für seine Shopping-Routine zu nehmen. Dabei müssen wir nicht auf stylishe Fahion verzichten – Ana Alcazar beispielsweise lässt nur in Europa produzieren und verwendet weder Echtleder noch echten Pelz.

Jede Veränderung braucht Zeit. Ich finde, wir sollten alle miteinander anfangen, bewusster auszuwählen und nachhaltiger einzukaufen. Auch, wenn es vielleicht ein bisschen teurer ist. Dann vielleicht lieber ein Teil weniger holen. Das ist der konsequenteste Weg, um auf lange Sicht den Markt zu verändern und dem Zulauf der Billiglabels Einhalt zu gebieten.

Wie seht ihr das? Habt ihr euch schon mal mit euren eigenen Shopping-Gewohnheiten beschäftigt? Postet mir gern zum Thema in den Kommentaren.

Diesen Artikel jetzt teilen!

von

Meine Liebe zu Mode und Kommunikation hat mich zu Ana Alcazar gebracht – als Texterin & Konzepterin in der klassischen Werbung groß geworden, schreibe ich seit fast 10 Jahren für unser Münchner Designerlabel. Im Redaktionsteam bin ich für alle Corporate-Themen zuständig, außerdem befasse ich mich hier mit aktuellen Trends & meinem Herzensthema Gleichberechtigung,

2 Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert