Die 15 merkwürdigsten Modetrends aller Zeiten
„Mode ist die Zeit, in der das Verrückte normal ist“, das wusste schon Oscar Wilde. Oder, um es mit Wolfgang Joop zu sagen: „Das Angenehme an der Mode ist, dass sie sich so schnell verbraucht.“
Es gibt ja tatsächlich so einige Modetrends, an die wir uns lieber nicht zu genau erinnern mögen, und andere, bei denen wir selbst noch nach Jahren vor Scham im Boden versinken wollen, wenn wir daran zurück denken, was wir selbst einmal anhatten. Dabei reicht die Tradition der merkwürdigen Trends nicht nur bis in die 1980er, sondern noch viel, viel weiter zurück. Scheinbar hat wirklich jede Epoche peinliche, seltsame oder gar schmerzhafte Modesünden. Meine ganz persönlichen Top 15 der ungewöhnlichsten Modetrends aller Zeiten gibt`s nachfolgend.
1) Korsetts – Atme wer kann!
Mal ehrlich, gibt es ein noch groteskeres Kleidungsstück als das Korsett? Die Schnürmieder kamen und gingen immer wieder zwischen dem 17. und dem 19. Jahrhundert und mit jedem neuen Comeback wurde die Taille enger und enger geschnürt. Der buchstäblich atemberaubende Höhepunkt der Korsett-Mode war irgendwann um 1890 herum erreicht, als die Mode von uns Frauen verlangte, eine Taille wie eine Wespe zu haben, selbst wenn sie die Figur einer Hummel hatten. Das Resultat waren verformte Rippen, gequetschte Organe und jede Menge Ohnmachtsanfälle. Erst mit Aufkommen der ersten Frauenrechtsbewegungen um 1900 herum, kamen Korsetts endgültig aus der Mode. Da sind wir froh drüber.
2) Klein, kleiner, Lotus Füße.
Der womöglich schmerzhafteste und auch ungewöhnlichste Modetrend aller Zeiten ist sicher der chinesische Brauch, die Füße von Mädchen und Frauen auf Kindergröße einzubinden. Diese Mode kam während der Regierungszeit des letzten Kaisers der Tang Dynastie um 954 nach Christus auf. Die Geliebte des Kaisers war es, die sich zuerst die Füße einband, um sie der Lotusblume ähnlicher zu machen. Mit diesen gebundenen Füßen, auch Lotus Füße genannt, lief es sich schlecht und arbeiten konnten die Frauen auch nicht. So wurden die Lotus Füße schließlich nicht nur zum Stautssymbol der Oberklasse, sondern auch zu einem wirksamen Mittel der Unterdrückung der Frau, bis der Brauch schließlich von Mao Zedong bei Strafe verboten wurde. Zum Glück!
3) Sportpants ad absurdum: Radlerhosen.
Das unsäglichste Kleidungsstück ever fand in den 80er Jahren seinen üblen Anfang und war bis weit in die 1990er Jahre hinein Trend, und das leider nicht nur für Fahrradfahrer. Die knallengen Nylonshorts in psychedelischen Mustern, die vor allem Männer gerne trugen, waren der Grund, warum die meisten dieser Männer niemals eine Frau fanden.
4) Keulenärmel – Der Schinken am Arm.
Einige wundern sich heute über die gerade angesagten Statement-Ärmel. Lasst euch gesagt sein, die sind nichts gegen die Keulenärmel der 1890er Jahre. Waren in den 1880ern die Ärmel noch relativ bescheiden und glatt, wurden sie ein Jahrzehnt später plötzlich so voluminös wie die Frisur von Wolfgang Petry. Keulenärmel, die später aufgrund ihre Form auch Schinkenärmel genannt, waren die fanatische Erweiterung der Puffärmel und plusterten die Oberarme mitunter auf das Dreifache ihrer Größe auf. Absurd!
5) Eine Dame, drei Zugehfrauen: Reifröcke.
A propos Größe, das viktorianische Zeitalter war überhaupt eine ausgesprochen schrille Zeit, was Mode betrifft. Unvergessen die riesenradgroßen Reifröcke der 1860er Jahre, die zur Folge hatten, dass in allen großen Herrenhäusern die Türen ausgetauscht werden mussten. Ich persönlich bin ja der Meinung, dass es ein modetechnisches Versagen ist, wenn eine Frau ihre Kleider nicht alleine anziehen kann, doch die Menschen vor knapp 160 Jahren dachten wohl anders. Mindestens drei Personen sollen nötig gewesen sein, um eine Frau vom Kaliber Scarlett O’Hara in ihre unzähligen Röcke, samt Korsett zu zwängen.
6)Vokuhila – Der Rebell in dir.
Schon alleine die Wortschöpfung deutet an, dass wir es mit einem ganz spektakulären Trend zu tun haben: Vorne kurz, hinten lang war in den 1980ern vor allem auf dem Kopf ein ausgesprochen beliebter Look. Übrigens nicht nur bei Fussballern und Manta-Fahrern, wie Jon Bon Jovi und Nena eindrucksvoll bewiesen haben.
7) Jetzt schlägts 13 – Glockenhüte.
Ach, die goldenen Zwanziger! Ein ausgesprochen schönes Jahrzehnt, vor allem was die Mode und die Musik betrifft. Die Flapper Girls tanzten Charleston und trugen kurze Kleider – wie erfrischend nach den langen Jahrzehnten des Korsetts! Doch nicht alles war locker, luftig und nett anzusehen. Dieses ohnehin polarisierende Jahrzehnt hat der Welt einen Trend beschert, der noch heute viele an die Comicfigur Calimero aus dem Ei erinnert: Den Glockenhut, auch Cloche genannt. Dieses eiförmige Häubchen war nicht tot zu kriegen und feierte in den 1950ern und sogar in den 1970ern ein jeweils so kurioses wie kurzes Comeback. Bleibt nur zu hoffen, dass wir das jetzt endgültig hinter uns haben.
8) Frühes Athleisure: Adidas Trainingshosen.
Niemand weiß so recht, wie und vor allem warum es anfing, doch Mitte der 1990er wurden Trainingshosen Marke Adidas (100% Polyester!) plötzlich nicht mehr nur im Sportkontext getragen. Die Knopfleiste an den Seiten sorgte dafür, dass man sich das Teil bei Bedarf rasch vom Leib reißen konnte, was zu einigen anzüglichen Spitznamen für das Kleidungsstück führte. Nicht zuletzt war es dieser kuriose Modetrend, der Karl Lagerfeld zu der mürrischen Feststellung inspirierte, dass Menschen die Jogginghose tragen, die Kontrolle über ihr Leben verloren hätten. Leider erlebt auch der Adibreak-Trend (so der Name des Modells) gerade wieder ein Revival:
9) Alles Mono? Der Einteiler für den Mann.
Die gesamte Männermode der 60er und 70er war in vielerlei Hinsicht, na, sagen wir, interessant. Das womöglich kurioseste Kleidungsstück für den Herren war jedoch der Einteiler mit Schlag, gerne auch Elvis-Hülle genannt. Immerhin war es der King of Rock’n Roll, der den legendären weißen Overall mit Schlaghose und bauchnabeltiefem Ausschnitt bekannt gemacht hat. Es war, um es mit einem Wort zu sagen, ein ausgesprochen wildes Jahrzehnt.
10) Pullunder – Drunter & Drüber.
Der Pullunder ist, in vielerlei Hinsicht, das genaue Gegenteil zum Pullover. Wie der Name schon sagt, ist ein Pullunder eigentlich dazu gedacht, unter der Kleidung getragen zu werden, was das kratzige Teil zum Unterhemd degradieren würde. Unglücklicherweise tragen ihn die meisten dennoch darüber, über einem Hemd oder T-Shirt nämlich. Warum das so ist, wird wohl nie zur Gänze geklärt werden; dass es scheußlich aussieht, darüber sind sich die meisten Menschen heute jedoch einig.
11) Tief unten: Low-rise-Jeans
Die 2000er waren ein Jahrzehnt, in dem so manches tiefer gelegt war. Die Autos, das Niveau, die Jeans… Zwar hat jedes Jahrzehnt so seine kuriosen Trends, die 2000er waren an spaßigen Modesünden jedoch nur schwerlich zu überbieten. Die tief sitzende Jeans samt blitzendem Stringtanga war jedenfalls nur wirklich cool mit dem passenden Lendenwirbel-Tattoo, im Volksmund auch Arschgeweih genannt.
12) Mode vorm Wammerl: Die Bauchtasche.
Die Bauchtasche, im süddeutschen Raum unschönerweise auch „Wimmerl“ genannt, steht im Ranking der Modesünden ganz klar in einer Reihe mit Polyester-Trainingsanzügen und Sandalen mit Sportsocken. Sie mag praktisch sein, aber was praktisch ist, ist schließlich selten schön anzusehen. Tatsächlich sind Bauchtaschen ungefähr so sexy wie die Backentaschen eines Hamsters und sollten deswegen möglichst ganz schnell in der Versenkung verschwinden. Leider erleben sie gerade wieder (diesmal quer über den Oberkörper getragen) ein kurioses Comeback, was mich persönlich vollkommen ratlos zurücklässt…
13) Space Fashion. Abgehoben!
Die Swinging Sixties waren nicht nur das Jahrzehnt von Twiggy, den Beatles und Heintje, sondern auch das Jahrzehnt der Mondlandung und der bemannten Raumfahrt. Das, zusammen mit einer gehörigen Portion psychedelischer Musik, sorgte wohl dafür, dass in den 60ern plötzlich die sogenannte futuristische Mode aufkam. Eine Menge Silberlamé und wilde Plateauabsätze sollten den Weg in die Zukunft weisen: So, oder so ähnlich, stellte man sich in den 60er die Zukunft vor.
14) Hoch hinaus – Plateauabsätze.
Wer glaubt, Plateauabsätze hätten ihren Anfang in den 1960ern und 70ern, der irrt. Bereits während der Renaissance waren Highheels für Herren der letzte Schrei. Aber damals kamen schließlich auch Pluderhosen in Mode. Eine absurde Renaissance erlebten die extrahohen Sohlen im Rave-&Techno-Milieu der 90er Jahre, als die extremen Plateau-Sneakers von Buffalo zum absoluten Statussymbol wurden.
15) Der richtige Strich: Strumpfhose mit Naht.
So ganz erschließt es sich mir nicht, warum die sichtbare Hinternaht an Strumpfhosen sexy sein soll. Sicher ist jedenfalls, dass die ersten Nylons in den 1930ern produziert wurden und damals eben aus produktionstechnischen Gründen mit Naht gefertigt wurden. In den Kriegs- und Nachkriegsjahren der 1940er, als Textilien knapp und Nylonstrümpfe noch knapper waren, malten sich Frauen, die sich keine Strümpfe leisten konnten, eben mit braunem Stift eine Naht auf die Waden, damit es nicht so aussah, als trügen sie – oh Schreck – keine Strumpfhose. Fake it until you make it, schien damals das Motto gewesen zu sein. Im Zuge der Retro- und Burlesque-Welle sind Nylons mit Naht auch heute wieder voll im Trend. Und wer keine hat, malt sich eben eine.
Was haltet ihr vom meiner vollkommen subjektiven Auswahl an merkwürdigen Modesünden? Stimmt Ihr mit der ein oder anderen überein, was fehlt in der Liste? Schreibt’s in die Kommentare, ich bin gespannt!
Fotos: Korsett by Thylda – gemeinfrei; Lotusfüsse by Underwood & Underwood – gemeinfrei; Radlerhose by myself – CC BY-SA 2.5; Keulenärmel by State Library of New South Wales collection – gemeinfrei; Reifrock by Vigée-Lebrun – gemeinfrei; Vokuhila by Angie Linder – CC BY-SA 2.0; Cloche by Library of Congress – gemeinfrei; Elvis by Shutterstock – all rights reserved; Pullunder by exfordy – CC BY-SA 2.0; Nylons by Deutsche Fotothek – CC BY-SA 3.0 de;