Goodbye Winterblues! 10 Buchtipps – von starken Frauen für starke Frauen.
Ein Sonntagnachmittag im November oder Dezember – draußen ist es kalt und dunkel. Für mich ist das die perfekte Zeit, es mir zuhause gemütlich zu machen und zu lesen. Neben inspirierenden Geschichten suche ich mir gern auch Sachbücher wirklich engagierter Autorinnen aus. Manchmal gibt es ja dieses eine Buch, das man mit Herzklopfen liest, das einen wirklich fesselt. Weil man die Haltung oder die Ideen der Autorin bestätigen kann oder vielleicht gerade auch nicht. Oder weil die Geschichte einen so vereinnahmt, dass man mit Haut und Haaren eintaucht.
Für euch habe ich meine Top-Favoriten zusammengestellt – alles sehr mutige und auch kritische (Sach)-Bücher von klugen Frauen, welche die Dinge nicht einfach so hinnehmen, sondern sie hinterfragen und verändern wollen – mit genauer Beobachtung, die wachrüttelt oder mit viel Humor beim Blick auf das, was ist. Viele der Autorinnen setzen sich für Gleichberechtigung ein – über die eine oder andere These lässt sich sicher auch diskutieren, was ja auch sehr anregend sein kann. Ich wünsche euch viel Spaß beim Stöbern in der Leseliste und spannende Momente beim Lesen!
Lesetipp 1: Margarete Stokowski – Die letzten Tage des Patriarchats
Seit sieben Jahren schreibt die Feministin und Spiegel-Online-Kolumnistin Margarete Stokowski Kolumnen. In dem kürzlich erschienen Buch bündelt sie diese jetzt. Ihr Thema ist der Umgang mit Macht und das Verhältnis zwischen Macht und Sex. Ich hatte einige der Kolumnen online gelesen und finde ihre Argumentation in der #metoo-Debatte extrem spannend. Mir gefällt ihr analytischer und provokanter Ansatz. Mit jedem Wort zeigt sie Haltung und Humor. Ihr Resümee: auf dem Weg zu einer gleichberechtigten Gesellschaft gibt es noch einiges zu tun.
“Im Großen und Ganzen versuche ich, da Staub aufzuwirbeln, wo es eh schon dreckig ist. Also ungefähr das Gegenteil von dem, was von einer Polin in Deutschland erwartet wird, Zwinkersmiley.”
(Margarete Stokowski)
Lesetipp 2: Mely Kiyak: Haltung – Ein Essay gegen das Lautsein
Was ich an dem Buch spannend finde:
Ein Plädoyer für leise Töne – die These der politische Kolumnistin und Journalistin Mely Kiyak ist gewagt: In einer Zeit, in der gefordert wird, laut und deutlich Haltung zu zeigen – gegen Rechts, gegen Ausgrenzung Fremder etc. – spricht sie vom Mut zum Leisesein. Dazu äußert sie: „Das Gegenteil von Lautsein ist Leisesein – und nicht Schweigen.” Und fügt sinngemäß hinzu: Gegen die Gefahr, dass die Demokratie ausgehöhlt wird, hilft es nicht mehr, laut zu poltern. Das sogenannte “Dagegen-Halten” auf Facebook und Twitter sei einfach deswegen keine erfolgreiche Strategie mehr, weil das im allgemeinen Kommunikations-Wirrwarr untergeht: „Es gibt eine Zeit, da muss man die Stimme erheben. Und eine Zeit, da man zu härteren Mitteln greifen muss: leise sein. Finde ich sehr spannend, auch wenn ich persönlich Zweifel daran habe, dass das funktioniert.
Lesetipp 3: Rachel Ignotofsky – Women in Science: 50 Fearless Pioneers Who Changed the World
Ich liebe dieses Buch, das mit den schönen Illustrationen auch ein tolles Geschenk ist.
Das charmant illustrierte Buch von Rachel Ignotofsky in englischer Sprache würdigt die Leistungen von 50 Frauen, die den Weg für die nächste Generation von Ingenieurinnen, Ärztinnen und Physikerinnen geebnet haben – von der Antike bis zur Moderne. Porträtiert werden beispielsweise Jane Goodall, die Schimpansen in freier Wildbahn erforschte, und auch weniger bekannte weibliche Pioniere wie Katherine Johnson. Die afro-amerikanische Mathematikerin leistete u.a. wertvolle Beiträge zur Berechnung der Flugbahnen für den ersten bemannten Flug zum Mond im Rahmen der Apollo 12-Mission. Tolle Frauen!
Lesetipp 4: Heather Widdows – Perfect me. Beauty as an Ethical Ideal
Das sollten alle gelesen haben – trifft den Zeitgeist auf den Punkt.
Schön zu sein, wird in unserer visuellen Kultur immer wichtiger. Damit steigt der Druck auf Frauen, dünn und jung zu wirken – kurz: perfekt zu sein. Heather Widdows, die Autorin, ist Professorin für Philosophie an der University of Birmingham. Sie erforscht in ihrem Buch, wie Schönheitsideale sich verändert haben. Und stellt fest, dass diese immer stärker wirken. Schönheit an sich ist der wichtigste Wert geworden. Es hat sich in den Köpfen festgesetzt, dass Erfolg in Sachen Schönheit ein gutes Leben bringt – Erfolg in der Partnerschaft, im Job und vor allem Glück. Bei langfristigen Zielsetzungen, wie bspw. Silvesterwünschen, geht es immer häufiger um die Optimierung des eigenen Äußeren. Lest das Buch selbst, ich finde die Analysen sehr treffen, und habe auch im Nachhinein noch viel über den Text nachgedacht.
Lesetipp 5: Alexa Henning von Lange – Kampfsterne
Normale chaotische Familienverhältnisse in den 80er Jahren – ein Roman.
Die Autorin selbst ist ein Kind der 80er Jahre. Das ist die Zeit, in der Boris Becker Wimbledon gewinnt und die bekannten Rockstars bei Life Aid für Afrika singen – das sind die sorgenfreien 80er Jahre der Bundesrepublik. Der Roman spielt 1985 und erzählt die Geschichte von Eltern, die eigentlich alle Voraussetzungen hatten, glücklich zu sein – und trotzdem scheiterten. Auf der Rückseite des Covers steht: „Wie kann sich das angeblich richtige Leben nur so falsch anfühlen?“ – und genau darum geht es in dem gewohnt kurzweilig zu lesenden Roman von Alexa Henning von Lange, die mit ihrem starken Romandebüt Relax 1997 u.a. neben Benjamin von Stuckrad-Barre die Popliteratur in Deutschland begründete. Sehr zu empfehlen!
Lesetipp 6: Mariam Irene Tazi-Preve – Vom Versagen der Kleinfamilie. Kapitalismus, Liebe und der Staat.
Traurig aber wahr. Selten habe ich beim Lesen innerlich so oft zugestimmt.
Dauerspagat zwischen Job, Familie und Haushalt – Mariam Irene Tazi-Preve, Professorin an der University of New Orleans, betrachtet die Rolle der Frau heute, die häufig zur Überforderung führt. Sie stellt die Frage: Kann das Liebespaar wirklich die Basis einer ganzen Gesellschaftsordnung sein? Dann müssten romantische Zweierbeziehungen lebenslang halten. In Wirklichkeit aber ist das leider die Ausnahme. Auch die viel behauptete Vereinbarkeit von Mutterschaft und Karriere ist nicht zutreffend. Die Autorin behandelt alle relevanten Themen wie die neue Vaterschaftsdebatte und die Vereinbarkeitsfrage. Sie analysiert die Politik und die Wirtschaft. Als Schlussfolgerung zeigt sie Alternativen auf, die funktionieren könnten. Alternativen, die andere Gesellschaften uns bereits vorleben.
Lesetipp 7: Chidera Eggeru – What a time to be alone
Empowerment pur – kraftvolle Statements in coolem Design!
Chidera Eggeru ist “The Slumflower” – ein großer Teil der Karriere der 23-jährigen hat auf Social Media stattgefunden. Was als Modeblog begann, hat sich mit ihrem Debütbuch endgültig zu einem Must-have entwickelt. Mit großem Vergnügen habe ich die vielen Statements gelesen, die sich alle um Empowerment und Selbstwert drehen. Auch in diesem Buch geht es um falsche Ideale und den Wunsch, diesen zu entsprechen – statt man selbst zu sein. Kraftvoll und voller Herzblut motiviert Chidera Eggeru mit typographisch schön gesetzten Zitaten – auch aus der Heimat ihrer nigerianischer Mutter – die alle auf eine Aussage einzahlen: Es ist Zeit, die Verantwortung für das eigene Leben zu übernehmen. Ein inspirierendes Buch in englischer Sprache, in das man einfach immer wieder hineinschmökern will.
„Self-love is the least aggressive, most effective, form of intimidation.”
(Chidera Eggeru aka “The Slumflower”)
Lesetipp 8: Mary Beard – Frauen und Macht
Das populärste Buch zur aktuellen Feminismus-Debatte.
Natürlich habe ich mir den gehypten Spiegel-Bestseller auch einmal angeschaut. Worum geht es? Die Autorin, die bereits einige Bestseller geschrieben hat, motiviert Frauen, sich jetzt die Macht zu nehmen. Als führende Intellektuelle mischt sich Mary Beard leidenschaftlich und humorvoll in die aktuelle Debatte um Feminismus, Gleichberechtigung und #MeToo ein. Mir persönlich sind die Beispiele der 63-jährigen Historikerin aus der Antike und der Mythologie zu weit weg, um dem heutigen Feminismus zu begegnen. Aber lest das Buch einfach selbst.
„Mary Beard zeigt, wie Frauenfeindlichkeit funktioniert und warum sie sich so hartnäckig hält.“
(The Guardian)
Lesetipp 9: Rebecca Solnit – Wenn Männer mir die Welt erklären
Is it a man’s world? Das diskutiert Rebecca Solnit in ihrem Essay.
Rebecca Solnit erzählt von einer Szene, in der ein Mann mit seinem Wissen angibt und dabei wie selbstverständlich annimmt, dass seine Gesprächspartnerin keine Ahnung hat. Die Journalistin und Schriftstellerin Rebecca Solnit untersucht die Mechanismen von Sexismus. Sie deckt Missstände auf, die meist gar nicht als solche erkannt werden, weil sie akzeptiert sind und als normal gelten. So geben die Essays viele Anregungen über ganz Alltägliches und die dahinter versteckten Strukturen nachzudenken! Und lassen sich ohne Probleme auch einzeln lesen.
Lesetipp 10: Myra Marx Ferree – Feminismen: Die deutsche Frauenbewegung in globaler Perspektive
Feminismus-Theorie – Unterschiede zwischen Deutschland, USA und Großbritannien.
Was meint Feminismus eigentlich genau? Den einen Feminismus gibt es nicht – was gilt in Europa und darüber hinaus überhaupt als feministisch? Myra Marx Ferree, Professorin für Soziologie und Direktorin des Zentrums für deutsche und europäische Studien an der University of Wisconsin-Madison, vergleicht 50 Jahre Frauenbewegung in den USA mit dem Pendant in West- und Ostdeutschland. Sie macht deutlich, dass historisch gewachsene politische Rahmenbedingungen eine große Rolle für die unterschiedliche Entwicklung der Geschlechterpolitik in Deutschland und den USA spielen. Ich finde das Buch sehr interessant, auch wenn es zum Lesen sicher keine leichte Kost ist.
Kennt ihr eines der Bücher schon? Oder die eine oder andere Autorin? Schreibt mir gern – auch, wenn ihr selbst noch einen Tipp für ein wirklich starkes Buch habt.