Aug 27, 2020

Fashion & Politics – Eine unwiderstehliche Mischung?

Aktualisiert am 3. Februar 2022

Kleidung hat immer eine Aussage. Mit der Kleidung, die wir tragen, senden wir Signale aus. Wir zeigen: Ich gehöre zu dieser oder jener sozialen Schicht. Ich mag diese oder jene Musikrichtung. Ich arbeite in dieser oder jener Branche. Kleidung charakterisiert ihren Träger und oft identifizieren wir uns mehr als wir denken mit dem Stil, den wir tragen. Doch Mode hatte schon immer auch eine politische Komponente. Schon in der Antike waren bestimmte Kleidungsstücke bestimmten politischen Spektren zugeordnet. Im Mittelalter und in der Neuzeit wurden mittels Mode sogar Revolutionen angeführt.

In den letzten Jahrzehnten war Mode immer dann politisch, wenn es darum ging, einen Protest gegen etwas zum Ausdruck zu bringen, oder die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe zu unterstreichen. So waren die langen Haare und die bunten Gewänder der Hippie-Generation ebenso politisch wie die schillernde Aufmachung heutiger Drag-Queens. Und heute lassen sich Politiker Bärte wachsen, wenn sie ihre Zugehörigkeit zum linken Spektrum betonen möchten, krempeln sich die Hemdsärmel auf, wenn sie sich volksnah geben wollen und arbeiten mit vielen kleinen und großen modischen Signalen, um ihre politische Agenda zu transportieren. Doch letztendlich kann jeder von uns eine politische Botschaft mittels Mode setzen, wie du in meine 12 nachfolgenden Beispielen sehen kannst.

Mode wird politisch!

1. Französische Revolution, Jakobinerhüte und Sanscoulottes

Wie politisch Mode immer schon war, zeigt in Blick in die Geschichte. Während der Französischen Revolution trug man die scharlachrote Jakobinermütze und die wadenlange Hose der Arbeiterklasse, wenn man signalisieren wollte, dass man die revolutionären Freiheitskämpfer unterstützte, die 1792 den König stürzten. Während dieser Zeit waren Prunk und Protz plötzlich out und einfache, schlicht geschneiderte Kleidung war „en vogue“, denn sie signalisierte die Ablehnung des verschwenderischen Lebensstils der Adeligen.

2. Die Schlaghose

DAS Accessoire der 70er (und später der 00er Jahre) soll provokant und politisch sein? Ja, denn ursprünglich trugen vor allem Cowboys und Arbeiter die weit geschnittenen Jeans. Mit dem Aufgreifen dieser Mode solidarisierte sich die 68er Generation mit der Arbeiterklasse. Der abschätzig als „Gammellook“ bezeichnete Trend war ein klarer Gegenentwurf zu den braven und biederen 50ern und 60ern.

3. Punk

Punk ist gelebte Systemkritik, so jedenfalls war es früher einmal. Wer bunt gefärbte Iros, zerfetzte Jeans und Sicherheitsnadeln in den Ohren trug, war Kapitalismuskritiker und Anarchist. Heute kann man mit dem Look auch CEO eines Startups sein. So ändern sich die Zeiten.

4. Das Palästinensertuch

In den 1970ern machte ein Mann die traditionelle Kopfbedeckung arabischer Männer, die Kufiya, plötzlich zu einem Politikum: PLO-Vorsitzender Yassir Arafat trug das schwarz-weiß-gemusterte Tuch bei jeder Gelegenheit und machte es zu einem Symbol des palästinensischen Widerstandes gegen die Israelische Regierung. Bald griff die Linke dieses Symbol auf und das Pali-Tuch wurde zum Modeaccessoire und ist es bis heute. Kritiker sagen, dass es sich hierbei um einen klaren Fall von Cultural Appropriation handelt, also der als diskriminierend empfundenen Aneignung kultureller Symbole.

5. Regenbogen

Die Rainbow-Flag ist seit den 60ern ein Symbol der Friedensbewegung. Ab den 1990ern wurde sie zugleich zur Flagge der LGBTQ-Bewegung und steht heute für Diversität, Freiheit und Weltoffenheit. Wie aktuell dieses Thema ist, zeigt sich in der Mode. In der Herbst-Winter Kollektion schickte selbst Burberry seine Models mit Kleidungsstücken über den Laufsteg, in denen die Regenbogenflagge mit dem klassischen Burberry-Karo kombiniert war.

6. Pussy-Hats, #metoo und Suffragetten

Wer 2017 nicht in einer Höhle gelebt hat, war Zeuge des vielleicht größten feministischen Protestmarschs in der Geschichte. Der Women’s March, der nicht zufällig mit der Amtseinführung von Donald Trump zusammenfiel, bestand aus hunderttausenden TeilnehmerInnen, und viele tausend mehr trugen das Symbol dieses Protestmarsches: eine pinke Strickmütze mit Katzenohren. Ein Jahr später trugen beinahe alle Frauen auf den Golden Globes schwarze Roben, um auf die #MeToo-Bewegung aufmerksam zu machen. Und wiederum ein Jahr später trugen die demokratischen weiblichen Abgeordneten während Trumps Rede an die Nation alle weiß – um auf die Rechte der Frauen aufmerksam zu machen, genau wie es ein Jahrhundert zuvor die Suffragettenbewegung getan hat. Klar ist: Seit der Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten ist die Mode weltweit deutlich politischer geworden!

7. Black Lives Matter

T-Shirts waren schon immer eine Art Litfaßsäule. Sie dienen als Werbeträger, aber auch als Plattform für politische Botschaften. 2014 trugen die Spieler der amerikanischen Basketball Liga NBA schwarze T-Shirts mit der Aufschrift „I can’t breathe“ – die letzten Worte des durch Polizeigewalt ums Leben gekommenen Afroamerikaners Eric Garner. 2020 gewann die Black Lives Matter Bewegung durch erneute Polizeigewalt noch einmal an Schubkraft und die T-Shirts dieser Bewegung sind zu einem echten Politikum geworden.

8. Vivienne Westwood

Dass eine Modedesignerin hier einen eigenen Platz bekommt hat einen Grund: Niemand in der Branche ist so sehr für politische Mode bekannt wie die legendäre britische Designerin. Schon immer brachte sie mit Botschaften auf T-Shirts ihre politische Überzeugung zum Ausdruck und setzte früh Zeichen für Freiheit, Umweltschutz, Menschenrechte oder Pazifismus. 2015 entwarf sie ein T-Shirt mit dem Aufdruck: I’m not a terrorist, please don’t arrest me! Ihre jüngste Kollektion steht unter dem Zeichen #safetherainforest.

9. Camouflage

Das militärische Tarnmuster dient eigentlich dazu, im Gefecht vom Feind nicht erkannt zu werden, wird aber auch von Stars wie Rihanna und Beyoncé getragen, um… ja, um was eigentlich zu sagen? Warum und wie Camouflage es auf die Laufstege geschafft hat, bleibt vielleicht für immer ein Rätsel – Fakt ist, dass der Military-Look immer wieder von allen möglichen politischen Gruppierungen getragen wird.

10. Hip-Hop

Hip-Hop war schon immer politisch. Sowohl in der Musik, als auch in der Mode. Zur Hip-Hop Kultur gehören nicht nur Beats, sondern auch Graffiti, Streetart und letztendlich auch ein gewisser Signature-Look. Die weiten Hosen, Hoodies und Shirts der ersten und zweiten Hip-Hop-Generation stammen nicht von den Laufstegen, sondern von der Straße. Dort wurde mit bestimmten Slogans, Symbolen und Brands nicht nur die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Stilrichtung, sondern manchmal auch zu einer bestimmten Gang gezeigt.

11. Turnschuhe

Dass unsere allseits beliebten Sneaker nicht immer so unpolitisch waren, wie sie aussehen, machte der spätere Außenminister und Grünen-Politiker Joschka Fischer 1985 deutlich. Damals ließ sich der Politiker mit weißen Nikes zum ersten grünen Minister im hessischen Landtag vereidigen – ein Tabubruch. Die Aktion war durchaus als politisches Statement gedacht, denn die Grünen hatten die etablierte Ordnung der deutschen Politik derart durcheinandergewirbelt, was durch die Kleidung zum Ausdruck kam. Die Abkehr vom Establishment mittels salopper Kleidung praktizieren seither fast alle neuen Parteien aus dem linken Spektrum.

12. Hipster

Oft als heuchlerisch oder aufgesetzt kritisiert und verlacht, hat die Hipster-Mode der 2010er Jahre durchaus eine politische Komponente. Wer mit Jutebeutel, Retro-Jackett und Fahrrad unterwegs ist, signalisiert: Ich bin grün, ich bin „woke“ und ich bin gebildet. Aus der Hipster-Kultur hat sich zwar keine klassische Protestkultur herausgebildet, dafür aber ein subtil gewachsenes Bewusstsein für Nachhaltigkeit und Diversität.


Fotos: Woodstock by Ric Manning CC BY 3.0 & Yasser Arafat – World Economic Forum Annual Meeting Davos 2001 by Remy Steinegger CC BY-SA 2.0 & Joschka Fischers Turnschuhe by ratopi CC BY-SA 4.0 & Public Enemy Zagreb by dnik CC BY-SA 4.0 – via Wikipedia / Rest Shutterstock

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Als Autorin und Storytelling-Coach ist Schreiben meine große Leidenschaft. Seit 2014 bin ich unter anderem als Redakteurin und Konzepterin für verschiedene Magazine und Blogs rund um die Themen Nachhaltigkeit und Lifestyle tätig. Bei Ana Alcazar bin ich auf der Jagd nach den neuesten Fashion-Trends und für die Ratgeberartikel zuständig.

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