Mai 3, 2017

Game Changer. Wie Modefotografen die Fashionszene verändern.

Sie machen die Bilder, welche die Mode-Welt bewegen. Sie inszenieren Looks, entdecken Models und schaffen Ikonen: Fashion-Fotografen sind vielmehr als nur Bilderproduzenten. Während Kollektionsdesigner neue Looks kreieren, definieren Fotografen ganze Strömungen neu. Immer wieder. So wirken sie wesentlich an der Entstehung von Trends mit und beeinflussen die Sichtweise ganzer Generationen.

Eine Frage des Blickwinkels

Helmut Newton (1920-2004) war so ein Bildkünstler. Er leistete Pionier-Arbeit. Denn seine Art der Darstellung veränderte die Modeszene. Statt im Studio zu shooten, bevorzugte er Outdoor-Sets. Genauso prägend ist die Arbeit von Peter Lindbergh. Als erster Modefotograf überhaupt legte er seinen Fokus auf die Persönlichkeit seiner Models. Plötzlich ging es – statt um Fashion – um Naomi, Linda, Christy, Cindy. Kurz: die Supermodels der 90er. Schon vorher in den 80ern ließen sich David Beckham und Madonna von einem weiteren Großen der Szene ins rechte Licht setzen: David LaChapelle. Der „Michelangelo der Fotografie“ ist für seine opulent inszenierten Settings bekannt. Von den Prominenten und Labels bejubelt und engagiert, hat er seinen Hauptwohnsitz von New York und Los Angeles nach Hawaii verlegt.

Und weiter geht’s mit den Großen der Zunft: Vor 23 Jahren posierte Claudia Schiffer in einer hochgeschnittenen Jeans mit Spitzentop für die erste Kampagne von Guess – fotografiert von der Top-Fotografin Ellen von Unwerth. Sie ist die Entdeckerin der damals 19-Jährigen. Ellen von Unwerth ist bis heute eine der renommiertesten Bildschaffenden unserer Zeit. Sie fotografierte Weltstars wie Rihanna, Christina Aguilera, Britney Spears, Madonna, Catherine Deneuve, Kate Moss und viele mehr.

„Frauen sind nicht präsent genug in der Kunst”, sagt keine Geringere als Annie Leibovitz, die zu den aktuell einflussreichsten Fotografinnen zählt und mehr als 20 Jahre für die Vanity Fair und später auch für die Vogue fotografierte. Ihre Stärke ist es, Menschen in ihrer Vielfalt zu zeigen.

Egal, wie sie heißen – alle genannten Fotografen verändern Sichtweisen und schaffen die Möglichkeit zu neuen Perspektiven. Von ihnen kann man sich abschauen, wie jeder einzelne mit seiner Leidenschaft für die Sache nicht nur die Fashion-Szene oder Trends, sondern die Welt verändern kann.


Verführer hinter der Linse – die besten Fotografen der Fashion-Branche

Helmut Newton – alle Blicke auf die Frauen

Sein Vater soll einmal im Spaß formuliert haben, dass Helmut Newton später in der Gosse enden würde: Denn er habe nur Mädchen und Fotos im Kopf. Helmut Newtons Leidenschaft für Fotografie begann schon mit 12 Jahren, als er seine erste Kamera erhielt.

Newton wurde in Berlin geboren, floh vor den Nazis nach Singapur und ging anschließend nach Australien, wo er seine Frau, die Fotografin June Newton, kennenlernte. Er eröffnete 1946 ein Fotostudio in Melbourne, 1953 präsentierte er seine erste Ausstellung “New Visions in Photography“, 1956 veröffentlicht er Fotos in der australischen Vogue. Nach kurzer Zeit bei der Vogue in London, ließ er sich in Paris als Modefotograf nieder. Er shootet für die französische Elle und etabliert sich in der Szene. Ab den 1970er-Jahren gilt Helmut Newton als einer der international bestbezahltesten Mode- und Werbefotografen. In den 1980er-Jahren sorgt seine “Big Nudes”-Serie für Aufsehen.

Helmut Newton

Helmut Newton

Sein Style
Viele seiner Bilder haben einen erotischen Touch, meist stilisiert und oft mit Fetisch-Elementen. Die Frauen in Helmut Newtons Modefotografien ziehen alle Blicke auf sich. Sie sind sehr präsent, wirken dominant – dabei aber immer elegant. Man feierte ihn für seine widersprüchlichen Szenarien, die extreme Bildausleuchtung und ungewöhnlichen Kompositionen. Er veränderte die Art der Fotografie – denn er inszenierte auf der Straße oder in realen Innenräumen, nicht im Studio.

Mehr über Helmut Newton erfahrt ihr hier:

Photographer Helmut Newton – Ein Interview

 


► Peter Lindbergh – der Schöpfer der 90er Jahre Supermodels

Er gilt als großer Bildermacher. Peter Lindbergh (1944) studierte freie Malerei an der Kunstschule Krefeld. Seine Karriere als Fashion-Fotograf beginnt 1978 mit Mode-Features in der Zeitung Stern. Das machte ihn so bekannt, dass er noch im selben Jahr nach Paris zieht und für die Vogue zu arbeiten beginnt. Innerhalb kurzer Zeit wird er zu einem der bekanntesten Modefotografen der Welt. Magazine wie Marie Claire, Vanity Fair, Allure und Rolling Stone buchen ihn für Shootings. Prominente wie Mick Jagger, Nastassia Kinski, Tina Turner, John Travolta und Madonna, lassen sich von ihm portraitieren. Er  realisiert Kampagnen für Giorgio Armani, Jil Sander, Prada oder Calvin Klein.

Peter Lindbergh

Peter Lindbergh

Sein Style
Peter Lindbergh inszeniert seine Modelle in Schwarz-Weiß. Er ist inspiriert vom frühen deutschen Kino sowie vom Ausdruckstanz der 20er Jahre. Für ihn zählen Authentizität und Realität, er sucht die „wahre, natürliche Schönheit“ und legt den Fokus auf die Persönlichkeit seiner Models. Damit revolutionierte er die Modefotografie. Seine Heroes waren weniger die Kleider, sondern die Frauen, welche diese trugen. Er kreierte damit den Hype um die Supermodels in den 90ern mit: Cindy Crawford, Naomi Campbell, Linda Evangelista, und Christy Turlington wurden durch seine Linse weltberühmt.

Mehr über Peter Lindbergh erfahrt ihr hier:

Deutschland deine Künstler – Peter Lindbergh


David LaChapelle – mit Bildern Geschichten erzählen

Er hat David Beckham abgelichtet und Madonna portraitiert – seine Mutter war Hobbyfotografin und sein erstes Foto schoss er mit 6 Jahren: David LaChapelle (geb. 1963) ist einer der bekanntesten Pop-Fotografen. Seine Karriere beginnt in den 80er Jahren in New York. Nach dem Studium an der North Carolina School of Arts präsentiert er schon 1984 seine erste Foto-Ausstellung. Bald darauf wird Andy Warhol auf ihn aufmerksam und verschafft ihm einen Job bei dem Magazin Interview. Damit ist David LaChapelle im Geschäft und etabliert sich blitzschnell zu einem international renommierten Fotografen. Er hat Celebrities wie Britney Spears, Lance Armstrong, Muhammad Ali, Pamela Anderson, Uma Thurman oder Angelina Jolie vor der Linse. Seine Bilder erscheinen in der Vanity Fair, dem New York Times Magazine, der Vogue oder dem Rolling Stone-Magazin.

David La Chapelle

David La Chapelle

Sein Style
Er selbst sagt von sich, dass er einen „eskapistischen“ Stil verfolgt. Und das zeichnet seine Bilder auch aus: Beim Anschauen seiner Fotos, die er meist digital nachbearbeitet, fühlt man sich in bunte Traumwelten versetzt. Seine Inszenierungen sind grell, sehr bunt, meist sehr sexy inszeniert und wirken surrealistisch. Als Stilmittel setzt er Übertreibung, Drama und Extravaganz ein. Sein Ziel ist es, die Geschichte hinter der perfekten Oberfläche zu erzählen. Damit bringt David LaChapelle Storytelling in die Fashion-Kampagnen, die sich immer öfter in eigenen Themenwelten abspielen. Kein Wunder, dass er später auch filmisch tätig wird und für Amy Winehouse, Moby, Jennifer Lopez und Robbie Williams Musik-Videos produziert.

Mehr über David LaChapelle erfahrt ihr hier:

VICE Meets: David LaChapelle



► Ellen von Unwerth – Zirkusclown, Model und Entdeckerin Claudia Schiffers

Ihr Job als Model und die Beziehung zu einem Fotografen brachten Ellen von Unwerth, 1954 in Frankfurt geboren, zur Fotografie. Aufgewachsen im Waisenhaus und bei Pflegfamilien liebt sie schon als Kind Märchenbücher. Mit 16 lebt sie in einer Hippiekommune und arbeitet kurz im “Zirkus Roncalli” – als Clown-Assistentin. In dieser Zeit wird sie auf der Straße als Kosmetik-Model entdeckt, später wird der Leiter einer Modelagentur auf sie aufmerksam. 10 Jahre lang verdient sie als Model ihr Geld, u.a. in Paris. Bei einem Shooting in Kenia fotografiert sie mit einer Leihkamera einheimische Kinder. Das war’s! Ab diesem Zeitpunkt ist ihr klar: sie will selbst fotografieren. Schnell stellt sich der Erfolg hinter der Kamera ein – und die deutsche Fotografin entdeckt für ein Shooting für eine Guess-Kampagne eine 19-jährige Deutsche: Claudia Schiffer. Sie arbeitet ebenso mit  Naomi Campbell, Eva Herzigova, Amber Smith und Carla Bruni für Magazine wie ELLE, GQ, Vogue und Dazed & Confused. Sie realisiert Kampagnen für Strenesse, Miu Miu Diesel, Thommy Hilfiger, Lacoste oder Revlon. Und führt zudem Regie bei Filmen und Videos für Duran Duran, Christina Aguilera und weiter Künstler.

Ellen von Unwerth

Ellen von Unwerth

Ihr Style
Ellen von Unwerth beschreibt ihre Arbeit in einem Interview mit dem ICONIST so: „Ich mache meine Fotos wie einen Film und suche mir die Models danach aus, ob sie zur jeweiligen Figur passen. Die Geschichte schreibe ich auch immer vorher auf.“ Das passt gut zu ihrer Liebe für Märchen in den Kindertagen. Und genau diese Faszination zeigt sich auch tatsächlich in ihrer künstlerischen Arbeit. Die Inszenierung der weiblichen Erotik und Schönheit ist ihr Markenzeichen. Ihr großes Vorbild ist Helmut Newton. Stärker jedoch als bei Helmut Newton weisen ihre Bilder immer eine eigene künstlerische Handschrift und viel Fantasie auf – und sehr oft setzt sie noch eine augenzwinkernde, humorvolle Pointe drauf. Ihre Models präsentieren nicht nur Kleidung, sondern spielen eine Rolle wie in einem Film.

Mehr über David Ellen Von Unwerth erfahrt ihr hier:

Ellen Von Unwerth im In Fashion Interview

 


► Annie Leibovitz – Porträts für die Popkultur

Starke Frauen sind ein großes Thema bei Annie Leibovitz, die 1949 geboren wurde, in San Francisco Malerei studiert hat und in New York lebt. Nach über zehn Jahren als Chef-Fotografin beim Rolling Stone-Magazin arbeitete sie für Vanity Fair und Vogue. Für ihr Schaffen hat die 67-Jährige zahlreiche Auszeichnungen erhalten. Annie Leibovitz gehört seit nun mehr als drei Jahrzehnten zu den absoluten Größen der Star- und Modefotografie.

Zu ihren bekanntesten Werken zählen John Lennon und Yoko Ono – aufgenommen wenige Minuten vor seinem Tod –, die schwangere Demi Moore, Whoopi Goldberg in einer Badewanne voller Milch oder Keith Hearing, der sich selbst bemalt hatte. Unter dem Claim „Eine surreale Fantasie“ fotografierte die Starfotografin Annie Leibovitz die Herbst/Winter Kampagne 2016 für Moncler im märchenhaften Stil. Die Szene erzählt eine phantasievolle Geschichte mit Elementen aus nordischen Sagen.

Annie Leibovitz

Annie Leibovitz

Ihr Style
Eine Kritikerin erklärte den Erfolg von Annie Leibovitz einmal so: sie wird bewundert, weil sie die Stars mit ihren Bildern bewundere und erst zu Stars mache. Und ihr gelingt noch viel mehr – sie holt mit ihren Bildern aus Menschen das heraus, was nicht offensichtlich ist. Im Fashion-Bereich überzeugt sie mit aufwändigen, artistischen Inszenierungen.

Mehr über Annie Leibovitz erfahrt ihr hier:

Annie Leibovitz – Life trough a lens

Fashion-Fotografen verändern mit ihrer Sicht auf die Dinge die Welt. Das finde ich spannend. Und ihr? Gibt es Fotografen oder Fotografinnen, die ihr besonders toll findet? Schreibt mir, wenn ihr Lust habt.


Fotos: Helmut Newton by Ralf Liebau – CC BY-SA 3.0 & Annie Leibovitz by Robert Scoble – CC BY-SA 2.0 // via Wikipedia; Peter Lindberg by Matteo Chinellato, David La Chapelle by Daniele Pisani & Ellen von Unwerth by Featureflash Photo Agency // via Shutterstock.com

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Meine Liebe zu Mode und Kommunikation hat mich zu Ana Alcazar gebracht – als Texterin & Konzepterin in der klassischen Werbung groß geworden, schreibe ich seit fast 10 Jahren für unser Münchner Designerlabel. Im Redaktionsteam bin ich für alle Corporate-Themen zuständig, außerdem befasse ich mich hier mit aktuellen Trends & meinem Herzensthema Gleichberechtigung,

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